Aufruf

Aktionswoche und Demonstration in Hamburg:

Schluss mit dem Krieg in Kurdistan – Für einen Friedensprozess und das Recht auf Selbstverwaltung.

Liste der Unterstützenden Organisationen

Wir werden uns nicht zu Komplizen dieser Verbrechen machen“. So formulierten es kürzlich 1128 “Akademiker für den Frieden“, in einem offenen Brief an die bis heute schweigende Öffentlichkeit im Westen der Türkei. Hintergrund sind die seit nunmehr mehreren Monaten anhaltenden schweren Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Kräfte im Rahmen der verhängten Ausgangssperren in den Städten Diyarbakir, Sirnak, Nusaybin, Silopi, Silvan und weiteren Orten Kurdistans. Abgeschnitten von allem Lebensnotwendigen, wie Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung etc. ist es den betroffenen Menschen untersagt ihre Wohnungen und Häuser zu verlassen. Falls doch, droht Ihnen durch Scharfschützen von Sondereinheiten der Tod. Gleichzeitig fährt das türkische Militär schweres Geschütz auf und bombardiert die Zivilbevölkerung wahllos mit schwerer Artillerie, u.a. Leopard 2 Panzer der deutschen Rüstungsschmiede Rheinmetall. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sind dadurch insgesamt mehr als 198 ZivilistInnen in den kurdischen Gebieten durch türkische „Sicherheitskräfte“ getötet worden, die jede Hemmung zur Anwendung brutalster Gewalt haben fallen lassen.

Auch vor Kriegsverbrechen schreckt der Staat nicht zurück. Zum Beispiel wurden in Silopi (nahe der türkisch-irakischen Grenze) Anfang Januar 2016 drei bekannte PolitikerInnen von Sondereinheiten der Polizei auf offener Straße hingerichtet. Am 10. Januar wurden in der türkisch-kurdischen Metropole Van 11 Jugendliche von Sondereinheiten der türkischen Polizei bei einer Hausdurchsuchung hingerichtet. Auf einem Twitter Account rühmten Polizisten sich für die „Hinrichtung“ und kündigten an, „jeden weiteren zu inhaftierenden Kurden ebenfalls per Kopfschuss hinzurichten.“ Auch in der Stadt Cizre wurde am gleichen Tag ein 25-Jähriger von Polizisten ermordet. Kriegsverbrechen, wie sie mittlerweile Alltag geworden sind in den türkisch besetzten Teilen Kurdistans.

Die Türkei unterstützt zudem weiterhin den Islamischen Staat mit Waffenlieferungen und Ölkäufen und tut offenbar alles, um den Konflikt in den kurdischen Provinzen des Landes zu eskalieren. Mittlerweile sind tausende Oppositionelle, unzählige regierungskritische JournalistInnen und 17 kurdische BürgermeisterInnen inhaftiert, ihnen drohen langjährige bis lebenslange Haftstrafen. Immer wieder wird auch von Folter und Misshandlungen durch Polizei und Militär berichtet. Viele Fälle sind filmisch dokumentiert. (ständig aktuelle Informationen gibt es unter www.civaka-azad.de und der Informationsstelle Kurdistan.

Die Bevölkerung hat in den kurdischen Provinzen (Bakur) wie auch in Rojava multhiethnische und multireligiöse, basisdemokratische Strukturen aufgebaut. In diesem Gesellschaftsmodell ist zudem die Befreiung der Frau ein zentrales Moment. Dies ist ein hoffnungstiftendes Modell für eine von den Bevölkerungen friedlich gestaltete Entwicklung im gesamten Mittleren Osten. Die kurdische Bewegung in Form der YPG, YPJ und PKK sind darüber hinaus diejenigen Akteure, die am wirksamsten gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) kämpfen. All das trifft die türkische Regierung mitten ins Herz ihres Herrschaftsanspruchs, weswegen sie so aggressiv gegen die kurdische Bevölkerung im eigenen Land vorgeht. Auch GewerkschafterInnen, linke PolitikerInnen aus dem Westen der Türkei sowie ArmenierInnen und AlevitInnen sind von dem zunehmend repressiven und gewaltförmigen Handeln der AKP-Regierung betroffen.

So darf es nicht weiter gehen!

Wir fordern die Bundesregierung auf, die Unterstützung der türkischen Regierung sofort einzustellen. Denn es müssen Menschenrechte anstatt geostrategische Interessen in den Mittelpunkt der Beziehungen zur Türkei gestellt werden. Somit trägt der hier entfaltete politische Druck dazu bei, die Menschenrechte einzuhalten, Kriegsverbrechen zu beenden und zu Friedensgesprächen zurückzukehren. An die Türkei 3 Milliarden Euro für die Abschottung der EU vor Flüchtlingen aus Syrien zu bezahlen, ist zynisch und verantwortungslos. Dass die EU auf politischer, wirtschaftlicher und infrastruktureller Ebene eine Regierung unterstützt, die systematische Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen befiehlt, darf nicht hingenommen werden. Die Beitrittsverhandlungen zur EU müssen solange auf Eis gelegt werden, wie die türkische Regierung an ihrem Kurs der Eskalation der Gewalt festhält. Aus Hamburg müssen besonders die Waffenexporte über den Hafen – insbesondere nach Saudi Arabien, Katar und in die Türkei – gestoppt werden.

Um ein positives Zeichen zu setzen und der menschenverachtenden Politik der türkischen Regierung etwas entgegenzusetzen, sollte die Bundesregierung zudem den Dialog mit den Selbstverwaltungsstrukturen in Rojava, der HDP und der PKK suchen. Wichtig wäre zudem, das PKK Verbot aufzuheben und demzufolge die Verfolgung von KurdInnen gemäß §129b StGB wegen Mitgliedschaft in einer Terroristischen Vereinigung in Deutschland zu beenden. Zwei Kurden, Bedrettin Kawak und Mehmet Demir sitzen in Hamburg aufgrund des § 129b in Haft und sechs weitere derzeit aufgrund des Gesinnungsparagraphen Inhaftierte müssen sofort frei gelassen werden.

Für einen politischen Friedensprozess statt staatlicher Kriminalisierung des Widerstands!